Viele Köche verderben doch nicht immer den Brei. Diesen Beweis tritt das Heddernheimer Ehepaar Barbara und Jürgen Schreuer einmal monatlich an. Dann laden die Schreuers sich acht Gäste ein und kochen mit ihnen in ihrer Küchenwerkstatt in der Gerningstraße ein Menü nach Rezepten von Fernseh-Starkoch Johann Lafer.
"Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt", mahnte schon der griechische Dichter Hesiod. Und als Chefkoch Jürgen Schreuer das Menü vorstellt, wird dem einen oder anderen schon bang angesichts der kompliziert klingenden Rezepte. Die zehn Hobbyköche – unter ihnen ein Radiomoderator, eine Kindergartenleiterin, ein Hotelmanager oder eine Dolmetscherin - überschlagen im Stillen schnell, wo ihre Stärken und Schwächen liegen. Fischroulade? Und dann auch noch selbst aus einem Stück Seeteufel schneiden müssen? Au weia. Vielleicht doch lieber Salat putzen?
Noch kennen sich die Gäste nicht, aber spätestens seit Alfred Bioleks Küchen-Talk ist bekannt: Kochen verbindet. Schnippel, rühren, essen, backen, braten, essen, sieden, abschmecken, essen – in den sieben Stunden, die die stückchenweise Zubereitung in Anspruch nimmt, arbeitet jeder einmal mit jedem. Und so entwickeln sich beim Kochen und dem dazu reichlich fließenden Rheinwein immer wieder interessante, aber zwanglose Gespräche, moderiert vom Hausherrn.
Jürgen Schreuer ist ehrenamtlicher Stadtbezirksvorsteher, engagiert sich für die evangelische Kirchengemeinde, ist aktiv bei den Fidelen Nassauern, dem Heddernheimer Karnevalsclub, und besitzt einen schier unendlichen Fundus an Anekdoten.
Wie zurzeit kaum anders denkbar, ist die wirtschaftliche Lage Deutschlands auch beim Kochen Thema. Die Küchenwerkstatt läuft sehr gut, eine Marktlücke, und vor den Möbelketten muss das Ehepaar keine Angst haben. Schreinermeister Schreuer ärgert sich allerdings über die Politik der Großindustrie: "Jeder Unternehmer hat doch eine Verantwortung. Die Arbeitslosenquoten zahlen letztlich wir alle. Ich glaube wir brauchen wieder mehr Teamgeist." Deshalb hat er jetzt kurzfristig noch eine Lehrstelle für einen Schreiner eingerichtet, für die er einen geeigneten Bewerber sucht. Der lernt auch, wie eine fantasievolle Küche auszusehen hat. Alle Geräte im Studio der Schreuers sind angeschlossen und funktionstüchtig. In die Arbeitsplatte eingelassene Digitalwaagen, Hochleistungs-Herdplatten, in Wandschränken versteckte Tellerwärmer oder Dampfgarer.
Gekocht wird dann auch mit den Vorführgeräten im Laden – was machen Passanten, der durchs nächtliche Heddernheim spaziert, in Erstaunen versetzt. Denn sogar die frisch gemachten Nudeln werden ins Schaufenster gehängt. Hr1-Moderator Thomas Klee und seine Frau Barbara haben sich eigentlich schon für eine Küche entschieden – nur welcher Herd soll es sein? "Ich hätte ja gerne einen Induktionsherd. Die Idee ist echt toll. Aber du musst deine alten Töpfe alle Wegschmeißen", sagte er. "Geh mal lieber weg da", fordert Ehefrau Barbara.
Der Moderator muss Fisch in hauchfeine Scheiben schneiden. Behilflich ist im Hoteldirektor Wolfgang Dieckmann. Der erzählt aus seiner Ausbildungszeit und wie kolossal sich die Trends in der Gastronomie mit den Jahren geändert haben. Flambieren beispielsweise sei inzwischen völlig aus der Mode.
Heidi Ruppert träumt schon lange von einer neuen Küche - nun hat sie geerbt und will bei dem Kochabend ausprobieren, was für Geräte sie installieren kann. Die Konferenz-Dolmetscherin ist Fan von Schreinermeister Schreuer. Ist seit zehn Jahren Kundin. " Er ist ein Künstler, er weiß, was die Leute wollen", schwärmt sie. "So eine Küche kann süchtig machen."
Wer Lust hat mitzukochen: Der Abend kostet 45 Euro für die Zutaten - beim Kauf einer Küche wird das Geld angerechnet.
Frankfurter Neue Presse am 8. September 2003